Montag, 20. Juli 2009

"Als die Berliner Mauer noch kein Denkmal war"

"Ich bin 1966 in Berlin geboren und aufgewachsen. In Berlin (Ost), um genau zu sein. Die Geschichte meiner Familie und damit auch meine Geschichte beginnt jedoch schon 100 Jahre früher in Schlesien.
'Ich habe noch bis zum 23. Juli Urlaub. Bin noch mal weggefahren.' Als meine Mutter diese Nachricht von mir las, hat sie sich sicher nicht vorstellen können, dass sie mich das nächste Mal im Besuchsraum der Haftanstalt Halle wieder sehen würde, weil ich versucht hatte, die DDR zu verlassen."

So lautet der Text auf der Rückseite des Buches "Als die Berliner Mauer noch kein Denkmal war" von Cliewe Juritza. Der mir persönlich bekannte Autor ist Diplom-Politologe und beschreibt in diesem Buch seine Geschichte. Als ganz normaler Junge wächst er im Berlin der menschenverachtenden DDR auf und erlebt den repressiven "Staat" mit all seinem Terror und seinen quälenden Schikanen. Als er als 18-jähriger schließlich das Massengrab in Staatsform verlassen will, wird er inhaftiert und durchleidet die Qualen und Folterungen des Regimes am eigenen Leib, bis er schließlich von der BRD freigekauft wird und in West-Deutschland ein neues Leben beginnen kann...

Ein authentischer Zeitzeugenbericht eines authentischen Autors, der die blutbefleckte DDR frei von jeder Verklärung so beschreibt, wie sie war und dadurch indirekt der verfälschenden Ostalgie und "Verkultung" der Diktatur entgegentritt. Ein lesenswertes Stück aufrichtiger Gedenkkultur.

4 Kommentare:

Heinz-Peter Heilmann hat gesagt…

Kein einziger Kommentar zu dieser wichtigen Thematik? Schade! :-)

Unknown hat gesagt…

ich bin im Westen geboren und groß geworden (in einer sehr heilen, priviligierten Welt), habe 1976 mit der Oberstufe eine, damals so typische Berlin Fahrt gemacht, ich habe stundenlang an dieser Mauer gestanden und geheult, dort wurde mir als 17 jährige klar, WIE schlimm das ist, ich war voller Wut und Verzweiflung, warum wurden wir so priviliegiert groß und die da sperrt man ein...das waren Gefühle...zum Glück, habe ich es auch LIFE erlebt, wie die Mauer brach, da habe ich auch geheult, aber vor Glück, meine Töchter waren alt genug, dabei zu sein, kriege jetzt noch Gänsehaut.
Das Buch ist wichtig, würde mich aber zu traurig machen, es ist böse, was so mit Menschen immer wieder gemacht wird. Trotzdem ist das Buch sehr wichtig, mein Sohn, jetzt 18, kann sich das alles gar nicht vorstellen, er liest viel darüber, denn Politik ist sein Leistungsfach, zum Glück führen wir viele Gespräche....so wie mit meiner Mutter...die ist 23 geboren, die kann auch einiges aufklären, was ich ZUM GLÜCK nicht erlebt habe.
Ich freue mich sehr, dass die Mauer Vergangenheit ist und hoffe, dass sie in den Köpfen von so manchen Menschen auch bald verschwunden ist.
Werde das Buch mal für meinen Sohn bestellen...

Heinz-Peter Heilmann hat gesagt…

Der Autor sichtet gerade weitere Akten, auch seine Stasi-Akte, und arbeitet an einer neuen Auflage. Ich freue mich schon darauf.

Rachel hat gesagt…

Ein wirklich gelungenes Buch, gefällt mir weitaus besser als *Der Turm*! von Tellkamp.

al, Rachel