Freitag, 24. Juli 2009
Zeitverschwendung mit Anspruch?
(Bildquelle: bol.de)
Ich erlaube mir, die bereits auf meinem Blog veröffentlichte Rezension auch hier noch einmal zu verwenden - hat mir dieses Buch doch soviel Vergnügen bereitet, dass ich es nicht versäumen möchte, noch eine breitere Öffentlichkeit davon zu unterrichten...
In diesem Sinne sei gesagt:
Alles begann damit, dass ich - ich gestehe es - einen dummen Fehler gemacht habe. Ich habe auf die Empfehlungen diverser Feuilleton-Redaktionen gehört und ein Buch gekauft UND dann auch noch gelesen, welches dort kategorisch hochgelobt wurde. Ich habe Germanistik studiert. Ich hätte es besser wissen müssen.
Aber nein. Dachte ich mir doch tatsächlich, wenn es sooo gelobt wird, kannst du's doch auch mal lesen. Ein Anfängerfehler. Und so bin ich nun stolze (???) Besitzerin von Thomas Glavinics Machwerk "Die Arbeit der Nacht" und kann meinen Lesern nach der Lektüre eigentlich nur eins mitteilen: Was für eine unsagbare Zeit-, Geld- und Papierverschwendung!
Mal ehrlich - jeder Baum, der dafür gestorben ist, dass dieses Buch gedruckt werden konnte, starb nicht nur umsonst, nein, er hätte auch tausend nützlichere Dinge mit seinem Leben tun können. Auf die Gleise fallen und ein Zugunglück verursachen zum Beispiel. Dadurch wären deutlich weniger Menschen geschädigt worden als es nun bei der Lektüre dieses 400seitigen Abgesangs auf die Ödnis passiert!
Die Handlung ist schnell erzählt. Der Held erwacht eines Morgens und stellt fest, dass keine Zeitung gekommen ist, TV, Radio und Internet nicht funktionieren und sich auch keine Menschenseele außer ihm blicken lässt. All das passiert auf der ersten Seite. Ich fand es originell und war gespannt, was noch passieren würde. Die Antwort darauf ist einfach.
NICHTS!
Unser Held stellt fest, dass er der letzte / einzige Mensch bzw. sogar das einzige Lebewesen auf Erden zu sein scheint und stolpert sodann über 400 Seiten durch ein menschenleeres Österreich, schreibt Briefe an sich selbst, hinterlässt Nachrichten und wird zunehmend paranoid. Zwischendurch lebt er noch mittels Vandalismus ein paar verdrängte Aggressionen aus und installiert an allen möglichen und unmöglichen Orten Kameras, deren Aufzeichnungen er sich dann stundenlang ansieht. Überraschenderweise sieht er wenig Handlung. Was ihn aber nicht daran hindert weiterzumachen. Und weiter und weiter und weiter.
Spätestens ab der Mitte des Buches beginnt der geneigte Leser zu verzweifeln. Irgendetwas müsste doch mal passieren, oder? Aber nein. Der Held filmt und beobachtet, schreibt und verfällt dem Wahnsinn und so weiter und so weiter und so fort.
Nach 2/3 des Buches wird diese Beschreibung so nervtötend, dass man sich auch als Leser langsam ein wenig paranoid zu fühlen beginnt und bei jedem Geräusch aufschreckt. Dadurch kommt wenigstens noch ein bisschen Spannung zu Stande. Aber auch an die hat man sich schnell gewöhnt und weiter geht's in gähnender Langeweile.
Wenn man dann glücklich überzeugt ist, dass es wirklich nicht mehr sinnfreier werden kann, besucht der Held übrigens einen Friedhof, buddelt seine tote Nachbarin aus, freut sich, dass zumindest die Leichen noch da sind und gräbt sie wieder ein. Erkenntnis aus der Geschichte? Folgen? Reflexionen? Psychologie? IRGENDETWAS???
Natürlich nicht.
Als der Held dann allmählich auch noch suizidal wird, stellt sich (bei mir zumindest) keinerlei Mitleid ein, sondern nur die Hoffnung darauf, dass sich das Buch endlich seinem Ende nähern könnte. Das tut es dann auch. Wer jetzt allerdings hofft, dass wenigstens zu diesem noch ein paar Worte über Sinn und Zweck der vergangenen 400 Seiten fallen könnten, der hofft vergebens und so bleibt einem nur, das Buch beiseite zu legen und dann den Kopf ein paar mal kräftig gegen die Wand zu schlagen. Mit Glück löst man dadurch eine Amnesie aus und vergisst diesen faszinierenden Roman schnell wieder...
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6 Kommentare:
Lieber Fuchsi,
ich kann ihnen nicht folgen. Das Buch birgt Erkenntnis und Schrecken. Ich empfehle Ihnen als ergänzende Literatur "Die Wand, Roman/Hörspiel von Marlen Haushofer".
Jonas hat in dem Buch doch überhaupt keine Veränderung durchgemacht. Er lebt genauso einsam wie vor dem verschwinden der Menschen - der einzige Unterschied ist, dass seine Einsamkeit keine selbst gemachte Einsamkeit ist.
Schlimm an dem Buch ist die Sprache. Die Welt in diesem Buch bleibt beklemmend unbegreiflich - vielleicht aber auch wegen der Sprachwahl.
Ich würde gerne erfahren wie Sie den Anruf der Unbekannten deuten. Vielleicht gehen Sie aber nochmals auf die Nachbarin ein. Vielleicht beachten Sie das Datum an dem Jonas erwacht?!
Und welche Bedeutung hat der letzte Gedanke im Leben dieses Menschen??
Sie haben vielleicht Recht... es steckt mehr in der Geschichte, als der Autor rausgeholt hat. Ich habe genau das als Herausforderung verstanden ... Sie sollten Ihre Rezension so nicht stehen lassen.
Mein Buch hat nur 395 Seiten ... wieso haben Sie 5 Seiten mehr?
Grüsse aus Schwerin
Petra
Das könnte jetzt wirklich interessant werden...
Marlen Haushofers "Die Wand" habe ich gelesen und genossen - denn hier wird ein vergleichbares Thema sprachlich und inhaltlich interessant beleuchtet und betrachtet. Bei Herrn Glavinic ist beides nicht der Fall.
Erkenntnis und Schrecken?
Ich finde es großartig, wenn dieses Buch auch nur eins der beiden in einem Leser auslösen konnte und gönne das von Herzen. Nachvollziehen kann ich es nicht. Das Einzige, was dieser Roman in mir auslöste, war Langeweile.
Der Anruf? Vielleicht eine Wahnvostellung, wie ich es für möglich halte, dass die gesamte Einsamkeit des Protagonisten nur eine Wahnvotsellung ist (insofern der Anruf also eher ein Klopfen der ausgeblendeten Realität sein könnte...). Der Roman gibt dazu m.E. keine Aussage. Keinen Kommentar. Noch nicht einmal Spielraum. Wie alles andere, was geschieht, bleibt auch dies angerissen und fragmentarisch und damit in letzter Konsequenz unproduktiv.
Mag sein, dass der Autor eine Vision hatte. Vermitteln kann er sie nicht. Weder inhaltlich noch handwerklich, was in besonderem Maße traurig ist, denn ich habe schon schöne Stunden mit Büchern verbracht, die sich zwar nicht durch den Inhalt, wohl aber durch die Sprache auszeichneten, wäre dafür also durchaus offen gewesen. Aber noch nicht einmal Sprache findet statt. Natürlich kann man auch dies als Absicht und Aussage deuten, wie man es sicherlich mit Vielem kann und könnte, doch dies empfinde ich dem Roman in seiner gesamten Aussagenarmut als nicht angemessen.
Sicherlich hätte dieser Roman Potential gehabt. Das Thema an sich hätte ein vielfaches an Möglichkeiten geboten und tatsächlich gibt es ein paar Ideen und Ansätze, die zwischenzeitlich beim Lesen Hoffnung machen, aber diese Hoffnung wird immer wieder enttäuscht und jede Gelegenheit auf Erkenntnis oder auch nur Reflexion vom Autor konsequent verschenkt.
Liebe Frau Benning, ich fürchte, ich kann ihnen den Gefallen nicht tun und meine Rezension abwandeln. Ich lese viel und ich lese gern. Ich analysiere auch gern, was ich gelesen habe.
Doch hier bleibt mir bestenfalls, meine eigene Langeweile und Enttäuschung ob der verschwendeten Zeit mit diesem Roman zu analysieren.
Das Netteste, was ich sagen könnte, wäre, dass der Roman ein Reigen verschenkter Möglichkeiten ist - dies als Herausforderung zu begreifen, bin ich jedoch nicht bereit. Man ist versucht, in diesem Kontext das alte Wort "Kunst kommt von Können" zu zititeren und eben dieses Können vermisse ich in "Die Arbeit der Nacht" - dass Herr Glavinic mit diesem Roman einiges gewollt hat, mag sein, an der Verwirklichung ist er meiner Meinung nach jedoch grandios gescheitert.
Beste Grüße,
Fuchsi
Applaus! Werd mal wegen Fuchsi reinschauen, wenn's irgendwo aufliegt; aber vermutlich ist Fuchsis Kritik kesser&besser; schon das Cover ist abweisend langweilig...
Glavinic zählt mit zu meinen Lieblingsautoren, deshalb muss nicht jedes Buch von ihm gut sein.
Die Arbeit der Nacht gehört für mich zu den Guten.
Jonas, ein Aufarbeitender seines Lebens, wer ihm folgen kann, tut es, wer nachvollziehen kann, macht dies noch mehr und wer sich hineinversetzen kann, wird hineingezogen - wem all dies nicht passiert, kann beruhigt aufhören, das Buch weiter zu lesen.
Ein armer Mensch wird dort gezeigt, der mit Vielem nicht zurecht kam, am wenigsten mit sich selbst.
Trotzdem richtig, Glavinic konnte mehr noch heraus holen, sicher, wenn er gewollt hätte. Es ist seine Version von einem Menschen Jonas.
lg, Rachel
Liebe Fuchsi
allein schon Deine Beschreibung finde ich super. Ich musste ein einfach laut Lachen.
Ich kenne das Buch nicht, habe auch auch Parallelen zu dem Buch -die Wand- gezogen.
Aber es stimmt, irgendwie macht es mich nun doch neugierig - na ja mal sehen ;-)
Gruß Doris
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